Sommer, Sonne, Vortragsreihe – ein Fazit:


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„Kommunikation in der Palliativversorgung gehörloser Menschen“

Unter diesem Motto startete am 12. April 2022 die Vortragsreihe des Forschungsprojektes DeafPal zusammen mit der Fakultät IDS der Hochschule Landshut. Eingeladen waren vier Redner:innen aus unterschiedlichsten Bereichen der Palliativforschung um einen möglichst guten und vielfältigen Überblick über das Thema und die aktuelle Situation gehörloser Patient:innen zu geben.

Den Beginn machte hierbei Oberarzt Wolfgang Sandtner, welcher selbst jahrelang im Krankenhaus Landshut Achdorf die Palliativstation leitete. Dort bemerkte er Barrieren, auf die taube Patient:innen stießen, wenn sie Palliativversorgung in Anspruch nahmen und entwickelte im Rahmen seiner Masterarbeit erste Ideen für das Projekt DeafPal. Mit der Hochschule Landshut fand er dann einen geeigneten Forschungspartner, um diese Ideen Realität werden zu lassen. In seinem Vortrag erzählte er vor allem, was Palliativarbeit eigentlich ist, wie sie aussieht und wie sie sich von der Hospizarbeit abgrenzt.

So erläuterte er beispielsweise, dass sich Palliativstationen immer in Krankenhäusern unter der Leitung eines Arztes oder einer Ärztin befinden, während Hospize eigene Gebäude sind, welche von einer Pflegefachkraft geführt werden. Auch wenn sich diese häufig in der Nähe von Krankenhäusern befinden, sind sie eigene, vom Krankenhaus entkoppelte Institutionen.

Sandner betonte in seinem Vortrag, wie wichtig die Zusammenarbeit des Forschungsprojektes DeafPal, dem Krankenhaus Landshut Achdorf und der Gehörlosengemeinschaft für eine zukünftige Palliativmedizin ist, die vor allem auf die Kommunikationsbedürfnisse tauber Patient:innen eingehen kann.

Den zweiten Vortrag hielten dann einen Monat später Juliane Rode und Uta Benner. Beide sind Teil des Forschungsteams von DeafPal und konnten in ihrem Vortrag einen Überblick darüber geben, welche Ziele das Forschungsprojekt verfolgt und wie partizipatives Forschen innerhalb des Projektes verstanden wird. Hierbei war es vor allem wichtig, einen Einblick in die Arbeit hinter den Kulissen zu geben und auch die Menschen aus dem Projektbeirat zu würdigen, welche einen großen Teil zur partizipativen Forschung beitragen und das Projekt somit nicht nur unterstützen, sondern mittragen.

Am 8. Juni konnte dann Lela Finkbeiner begrüßt werden. Die Diplom-Sozialpädagogin ist nicht nur qualifizierte Hospizbegleiterin, sondern auch selbst Patientin. In ihrem Vortag wurde das Thema Kommunikation in Palliativsituationen einmal aus Sicht der Betroffenen betrachtet und so konnte sie mit eindrucksvollen Anekdoten aus ihrem Alltag als Hospizbegleiterin und Patientin knapp 100 Menschen über das Thema aufklären. Lela Finkbeiner war es hierbei vor allem wichtig zu betonen, dass „Betroffene“ nicht nur Patient:innen umfasst, sondern alle Personen die Teil des Systems sind, also auch Ärzt:innen oder Pfleger:innen und wie wichtig das Thema Macht gerade in einer Ärzt:in – Patient:in Situation sein kann. Der Vortrag thematisierte verschiedene Perspektiven, mit denen Gehörlosigkeit in diesen Kontexten betrachtet werden kann und welche Problematiken auftreten, wenn gerade Ärzt:innen keine Kompetenz in Gebärdensprache vorweisen, aber auch nicht bereit sind, eine:n Dolmetscher:in zu organisieren. So kommt es dazu, dass in Gesprächssituationen 80% der gebärdensprachlichen Patient:innen unzufrieden zurückbleiben, obwohl 90% der Ärzt:innen die gleiche Situation als durchaus gelungenes Gespräch betrachten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Vortrag von Lela Finkbeiner vor allem ein Appel war, mehr Kommunikation vor allem in Gebärdensprache im Gesundheitswesen zu fördern, um mehr Zugang für taube Betroffene zu schaffen und diese zu unterstützen.

Der letzte Vortrag wurde von Anuschka Ruszynski zum Thema „Herausforderungen von Gebärdensprachdolmetscher:innen in ihrer Arbeit mit schwerstkranken und sterbenden Menschen“ gehalten. Hierfür präsentierte sie die Ergebnisse ihrer Masterarbeit, welche unter anderem auch im ZEICHEN (Nr. 117) veröffentlicht wurden. Sie befragte im Rahmen ihrer Arbeit insgesamt sechs Dolmetscher:innen zu ihren Erfahrungen in palliativen Settings und wertete diese inhaltsanalytisch aus. Sie konnte neun Kategorien ausmachen, von denen sie exemplarisch die wichtigsten Ergebnisse teilte. Erkenntnisse waren hierbei, dass vor allem persönliche, professionelle und fachliche Herausforderungen die Settings dominierten. So war überwiegend die hohe Emotionalität der Settings etwas, das den Dolmetscher:innen zusetzte, aber auch allgemeine fachliche Herausforderungen wie Schweigepflicht und die Neutralität wurden hier von den Befragten genannt. Weiterhin wurde die allgemeine Kommunikation mit Patient:innen auf Palliativstationen angesprochen. Dabei wurde als erschwerend wahrgenommen, dass die Patient:innen aufgrund der gesundheitlichen Gegebenheiten weniger Konzentration in den Gesprächen aufbringen können, aber auch den Blickkontakt nicht lange aufrechterhalten können und der Gebärdenraum sich verkleinert, was für die Dolmetscher:innen einen erhöhten Aufwand und eine erhöhte mentale Kapazität nach sich zieht, um die Kommunikation und das Verständnis auf beiden Seiten weiterhin aufrecht zu erhalten. In diesen Situationen wurden von den Dolmetscher:innen unterschiedliche Strategien angewandt, wie das näher Herantreten an den/die Patient:in oder die verstärkte Transparenz der Situation durch eine Erklärung an den Arzt oder die Ärztin. Zudem wurde in der Kategorie „Beziehungsarbeit“ genannt, dass in palliativen Situationen ein hohes Maß an Vertrauen und Sympathie auf beiden Seiten benötigt wird, dies wurde jedoch in den beschriebenen Situationen vonseiten des medizinischen Personals auch deutlich betont und gefördert, sodass Dolmetscher:innen auf diese Weise auch Unterstützung fanden. Die letzte Kategorie befasste sich mit den Strategien, die Dolmetscher:innen für sich selbst wählten, um mit den Erlebnissen in diesen Settings umgehen und die Professionalität wahren zu können. Vor allem wurden hierbei Supervision sowie eine allgemeine Reflexion des Einsatzes beschrieben, aber auch eine eigene Gestaltung des Abschiednehm-Prozesses und Lebenserfahrung wurden als hilfreich wahrgenommen. Somit lässt sich sagen, dass Dolmetschen in palliativen Settings vor allem Raum braucht, um zu gestalten und sich der Situation anzupassen. Darüber hinaus muss aber auch beachtet werden, dass die Aufträge vor allem aufgrund von individuellen Verhaltensweisen der Dolmetscher:innen so gut durchgeführt werden konnten, da sich die Dolmetscher:innen in der Verantwortung sahen, für die Qualität der palliativen Situationen, in denen sie dolmetschten zu sorgen.

Somit lässt sich als Fazit für die Vortragsreihe im Sommersemester 2022 festhalten, dass alle Vorträge mit 70 – 100 Zuschauer:innen sehr gut ankamen und einen tieferen Einblick in das Thema Kommunikation in palliativen Settings für gehörlose Personen ermöglichten und darüber hinaus die Wichtigkeit der Arbeit des Forschungsprojektes DeafPal betonten.