Vortragsreihe: „Trauer – Was, Wie und Warum?

Am Mittwoch, den 14. Juni 2023, lud die DeafPal Vortragsreihe den Referenten Tom Staudt zu einem Vortrag über „Trauer“ ein, zu dem sich rund 80 Menschen online oder persönlich auf den Weg machten.


Tom Staudt berichtete zunächst von seinen eigenen Erlebnissen im Umgang mit dem Tod von Angehörigen und/oder Freund:innen und konnte so den Zuschauer:innen die Vielfältigkeit des Themas Trauer näherbringen. Als junger Erwachsener war er mit dem Verlust seiner zwei besten Freunde konfrontiert, was bei ihm zu einer vertieften Auseinandersetzung mit seiner eigenen Trauer führte. Diese intensivierte er im Laufe der Jahre, da er weitere schmerzliche Verluste zu verkraften hatten, wie den Tod seines Vaters oder seiner ersten Frau.


In seinem Vortrag schilderte er dabei eindrucksvoll jene Situationen, in denen er die größten Schwierigkeiten erlebte, wie zum Beispiel nach dem Tod von Angehörigen oder bei der Organisation von Beerdigungen. Er wies auch darauf hin, dass nach dem Verlust einer geliebten Person häufig ein starkes Gefühl der Hilflosigkeit über einen hereinbreche und man sich auf dieses schlecht vorbereiten könne. In seinem Vortrag kritisierte er zudem, dass es für taube Personen immer noch zu viele Versorgungslücken gebe, sowohl in der Begleitung von Sterbenden als auch im Prozess der Trauer. So seien taube Angehörige häufig in ihrer Trauer allein gelassen, was auch stark mit kommunikativen Barrieren zusammenhänge. Hierzu führte der Referent aus, dass hörende Angehörige häufig bürokratische oder organisatorische Aufgaben übernähmen und taube Angehörige so aus der gemeinsamen, familiären Trauerarbeit ausgeschlossen seien. Nicht selten auch, nachdem taube Angehörige die Sterbenden lange begleitet und dabei die volle emotionale Verantwortung übernommen hätten.


Auch die Ergebnisse einer Umfrage, an deren Durchführung Tom Staudt beteiligt war, wurden präsentiert. Dabei wurden Angehörige nach ihren Erfahrungen im Umgang mit Trauer, ihren Bedarfen und den erlebten Barrieren befragt. Die Ergebnisse zeigten, dass kommunikative Barrieren und der Mangel an Dolmetschenden nach dem Tod eines Angehörigen eine große Belastung darstellen, insbesondere bei Angeboten zur Trauerbegleitung. Solche Angebote sind in Deutschland weiterhin selten und gerade für taube Angehörige kommunikativ oft nicht zugänglich, auch weil es keine geregelte Kostenübernahme für Dolmetschende gibt. In diesen Fällen müssten häufig CODA einspringen und die Kommunikation sichern, könnten dabei aber gar nicht selbst trauern, so Tom Staudt. Insgesamt gebe es schlichtweg zu wenige Möglichkeiten für taube Angehörige, an Trauergruppen teilzunehmen oder sich in Trauercafés oder privat auszutauschen. Dabei sei es gerade in einer solchen Situation wichtig, Menschen zu finden, die die eigenen Erfahrungen teilten.


Tom Staudt konnte mit seinem sehr bewegenden und sensibel gestalteten Vortrag zeigen, dass der Umgang mit Trauer nach wie vor ein Tabuthema darstellt, dass es – immer wieder aufs Neue – zu brechen gilt. So war auch durch die Resonanz der Teilnehmenden spürbar, wie wichtig ein Austausch über erlebte Erfahrungen mit sterbenden Angehörigen und damit verbundene Barrieren ist. Tom Staudt machte den Teilnehmenden Mut, bei Bedarf auch selbst aktiv zu werden und eine gebärdensprachige Trauergruppe zu gründen – damit Trauer nicht sprachlos macht.